Mein Tagebuch/ Wochenbuch. Mit Versteck, Jona, Taube, Blatt, Vergessen, Katze. Mit Mirjam Pressler weiterhin, "Schreiben ist Glück", einem Infekt-Insekt, Schimmerkatzen, zirpenden Schwalben, einem Montagsgedicht (mit Saliha Soylu) und Zwiesprachen* satt mit Blatt. *(Zweigsprachen.) = tagebuchstaben
Dienstag, der 16. 7.24 (Jona)
Eigentlich sollte ich unterrichten. An der Hochschule Düsseldorf. Online, aber ich bin zu angeschlagen. Kopfschmerzen, Gliederschmerzen. Seltsames Infekt-Insekt hat mich gepiekst. Und nun diese halbe Belastbarkeit. Nun ja. Vorteil: Ich bastle weiter am Manuskript und bin gestern durch eine Schleuse.
Auf dem Dach drüben Tauben. Warum war mir noch nicht aufgefallen, dass sie immer zu zweit sind? Immer. Diese treuen sozialen Herzen namens Jona, Yunus, Yunis und so weiter.
Donnerstag, der 18.7.24 (Vergessen)
Gestern habe ich das erste Mal seit einem halben Jahr die Tagebuchstaben vergessen. Vielleicht wegen angeschlagen, Kopfweh, Mattigkeit (Urlaubsreife) und ich den ganzen Tag unterrichten musste. Dagegen an. Und noch abends 2 Lehrtage vorbereiten musste. Dagegen an. Nun ja. Heute tummeln sich zirpendes Geschwalbe und Spatzenschwatzen in meinen Morgenseiten zusammen mit vielen Reimen, etwa dem von Drübentauben und Hübenlauben. Reime, die vielleicht nur "verstanden" werden, wenn Deutsch die Muttersprache ist oder man schon ganz lange Deutsch spricht. Also nicht barrierefrei? Auf jeden Fall, wenn Lyrik als etwas begriffen wird, das auf eindimensionale Art "verstanden" werden sollte.
Freitag, der 19.7.24 (Blatt)
Zwiesprache mit dem Blatt. Morgenzwiesprache. Morgenzwitschersprache. Da funkelt das nächste Projekt vom Tag-Himmel. Ich nehme das silberne Büchlein mit der Aufschrift „Schreiben ist Glück“ (Genau! In der Pressler-Ausstellung gekauft!) und beginne Notizen dafür zu sammeln. Eine Krähe, ein Buchstabe, zwei Kinder. Es geht mir besser inzwischen. Kopfweh weniger, Düsternis weniger, weil ich weniger weniger Nachrichten gucke und was Sinnvolles tu. Unterrichten ist meistens sinnvoll. Vom weggucken wird aber die Welt nicht besser, sagen meine Über-Iche. Stimmt. Nur vorübergehend meine kleine eine. -Zuguterletzt aber ein anderer Schluss. (Elke Erb)
Samstag, der 20.7.24 (Taube)
ich träumte von einem Nordmeer/ über Dünen gekübeltes Licht. So viele Liter Regen in diesem Sommer. Ich hab Hals kratzt. Trinke Tee und überlege die Herzkästchen von Rascha, meiner Heldin. Unbehütet natürlich. Zumindest strukturell unbehütet. Onkel Taube passt auf sie auf. „Ich träume manchmal von einer Gazelle, die auf einer Riesentaube fliegt. Sie schläft im Federbett.“ Ich liebe Mirjam Pressler dafür, dass sie mich stützt. Jedes Wort von ihr übers Schreiben bezeugt eine Verwandtschaft. Kindheiten: unbehütet. Beide. Was haben wir draus gemacht? Viel. Sehr viel. Angetrieben vom Nordmeertraum vielleicht, den Max Czollek hatte, Düne in Zeilen. Rest in Power, Mirjam Pressler.
Sonntag, der 21.7.24 (Versteck)
Ich denke schon wieder an Anne Frank. Sie war ein Teenager, wie viele Teenager, mit Sorgen, Nöten und Begeisterungen, wie viele Teenager sie haben. Zudem war sie eine begabte Schriftstellerin. „Anne Frank ist für mich kein Shoah-Buch, sondern ein Pubertätsbuch. Und zwar das Beste, das ich kenne. Wie Anne Frank aus nichts Literatur gemacht hat“, sagt Mirjam Pressler, ihre Übersetzerin in einem Interview. Ja, aus nichts. Im Hinterhausversteck vor den Nazis. Anne hat alles daraus gemacht.
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