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"das wort ist ein geschichtenbüro" erik, 4

  • AutorenbildAndrea Karimé

Vom Versanden, Stranden und Nicht-Landen. tagebuchstaben 41

Meine Woche diesmal aus Korfu, mit zimtfarbenen Tauben, sehr vielen Wespen und Mücken, einem Flug durch ein Rätsel in eine Zeitkapsel aus Worten und Tönen von Frank Martin und Elif Shafak und natürlich dem Montagsgedicht.



Dienstag, der 10.9.24 (stranden)

Meine Morgenbuchstaben stranden und versanden hier in Agios Georgios. Wetter: von bewölkt bis strahlend. Meer: von aufbrausend bis lieblich plätschernd. Schwimme mit Uhr: 30 Minuten. Lese, strande. Werde gesucht. Von einer Geschichte.

 

Mittwoch, der 11.9.24

Es ist heiß. Ich lasse die Klimaanlage rumpeln und pumpeln und habe mein zweites Buch fast durch. „Ich komme nicht zurück“ von Rasha Khayat hatte ich mir für den Urlaub aufgespart. Ich finde den arabischen „Was-ist-los-Schuh“ darin, der sich auch schon in eins meiner Kinderbücher geschrieben hat. Und den Koffer. Kurz nach 9/11 hatte ich mit einem Koffer Aufenthalt an einem Eifelbahnhof. Ich trug den Koffer durch die Unterführung in einer Bäckerei. Während ich mich in die Schlange vorm Tresen pflanzte, sah ich eine Bekannte vorbeigehen. Ich raus, kurze Unterhaltung und dann wieder rein. Die Schlange hatte sich zu einem Kreis geringelt – um meinen Koffer herum. Empörung im Laden. Ich könne so einen Koffer doch nicht einfach ….


Donnerstag, der 12.9.24 (hausgrau)

Ein hausgrauer Tag. Wolken schichten sich unentwegt übereinander untereinander und durcheinander. Im Garten schwingen die Granatapfelglocken hin und weg. Am Strand taucht eine Taube auf, schlank und zimtfarben tappt sie über Stein und Korn und fischt einen Kartoffelchip aus dem Sand. Alles ist so malerisch, fast könnte man die Scheißgeruch aus Deutschland ignorieren, aber wirklich nur fast. Wenn er sich bloß nicht in einer meiner Nasenkammern eingenistet hätte.

„Es regnet aufs Meer STOP die Fische öffnen ihre Regenschirme es zu beschützen …“, schreibt Etel Adnan in „Arabische Apokalypse“.

 

Freitag, der 13.9.24 (Frieden)

Regen peitscht Haus. Welle scheuert mir eine. Wetter vor der Heimreise.

Mein Lieblingsbuch des Urlaubs ist schon jetzt „Apeirogon“ von Column McCann. Das Buch über die Kraft der Versöhnlichkeiten. Zwei Väter, ein Israeli und ein Palästinenser im gemeinsamen Kampf für Frieden in Israel und Palästina. Obwohl oder gerade weil sie beide ihre Tochter im Krieg verloren haben. Wegen oder trotz alle der Geschichten, die sie in diesem Konflikt erlebt haben. "Es spielte keine Rolle, dass sie immer wieder dieselben Wörter wiederholten. Sie wussten, dass das Publikum sie zum ersten Mal hörten, wie eine neue Sprache." Unendlich geduldig erklärten sie wieder und wieder und wieder. Könnte ich nicht. Wäre ungeduldig. Verständnislos. Wie kann es sein, dass sie so: „Hab ich gar nicht mitbekommen!“ Wie kann es sein.

 

Samstag, der 16.9.24 (Rätsel)

Ich fliege durch ein Rätsel aus Blautönen, Wolkenstreusel, eisberghaften Horizonten und dem Wort Galaxie. Die Zeit fliegt hinter mir her. In nur einer Stunde lande ich in Köln-Bonn. „Ihre Augen sind dunkel wie Starengefieder“, höre ich gerade bei Elif Shafak und denke, der Tag ist dunkel wie Starengefieder. Ich lande, aber komme nicht an.

 

Sonntag, der 17.9.24 (Töne)

"Als die Erde noch eine leere Tafel war", höre ich bei Elif Shafak. Wieder Zuhause. Auf meine Tagestafel schreibe ich Pfefferminztee und Decke. Und Musik. In Terra Pax von Frank Martin. Ich höre zu und lasse die Töne in mein Gedächtnis tropfen. Mein irritiertes Hirn beruhigt sich. Gestern noch Brandung und Licht, heute herbstkühles Köln. Gestern noch das Meer im Fenster, heute die Krähe und das Taubenpaar.


Montag, der 16.9.24

Drunter und Drüber

trinken Tee bei Karimee

in Kopf und Zimmer

bleiben die für immer?

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