Mein Tagebuch/Wochenbuch. Diesmal im Schreibtunnel, schwalbenhalber, mit einer neuen Geschichte, Mirjam Pressler, vielen Tauben und einer Erinnerung. Die tagebuchstaben mit Montagsgedicht.
Dienstag, 9.7.24 (Tunnel)
Schreibzeit. Schreibtunnel. Die Hauptprota bekommt einen neuen Namen. Ich denke an die junge Frau, die so hieß, R., in der Cafeteria des „International language house“ in Kairo, Mohandissin, Sheraa Mahmoud Azmi. R. hat dort gearbeitet und den Kaffeeraum erhellt mit ihrem Lachen und ihrer spöttischen Art. Der Name hat mich klanglich von Anfang an sehr fasziniert. Jetzt heißt ein schnelles Mädchen so, mit vielen Zöpfen, pro Lebensjahr eins. Ein mutiges Mädchen, die schon einiges erlebt hat in ihrem jungen Leben, Tiere liebt und ihren Onkel Salim, der ihr alles erlaubt. (Fast alles.) Und auch einen neuen Namen bekommt.
Mittwoch, der 10.7.24 (Schwalbe)
Schwalbenhalber ins Blatt flattern. Ich verfahre mich aber im Plot. Rückwärtsgang einschalten. Von Anfang an neu buchstabieren.
Ab-Zweige ändern. Ein Biss in die Wolken wagen. Warten, wie es schmeckt. Als ich heute Morgen den Kaffee aufschüttete, fiel mir wieder mein Deutschlehrer am Gymnasium ein. Mein Deutsch, also meine Muttersprache, hat er entwertet und mich entmutigt. Wegen: Herkunft. Jetzt wieder: Unsicherer Boden wegen Herkunft. Wie soll man da ein Kinderbuch schreiben? Eigentlich? Oder gerade deshalb eine Freundschaft erfinden, die sich Hassern entgegenstellt?
Donnerstag, der 11.7.24 (Pressler)
Schreiben ist Glück, sagt Mirjam Pressler, die vielleicht radikalste Kinder- und Jugendbuchautorin mit Sicherheit aber Meisterin des realistischen Kinderromans. Heute fahre ich in die Ausstellung über sie ins Jüdische Museum Frankfurt und ein Satz will mit. „Streichelst du deinem Kind den Kopf, verändert sich dessen Welt.“ (Mustafa Bektaş in: "Exile never ends" von Bahar Bektaş). Vielleicht, weil Mirjam Pressler uns nicht über den Kopf streichelt mit ihren Geschichten. Weil es Kinder gibt, denen das so sehr fehlt. Und die dennoch nicht aufgeben. Zum Beispiel Mirjam Pressler selbst.
Freitag, der 12.11.24
Schreibe heute alles um. Die ganzen dreißig Seiten Leseprobe werden wieder überarbeitet. Weil: Komisches Gefühl, Soeinestelle. Später: neue Erkenntnisse durch Retschertsche. Podcast und Video. Die schwubsdieschubsten (nebenbei) eine Idee für ganz neues Kinderbuchprojekt raus. Natürlich gefiedert.
Samstag, der 14.7.24 (Tagebuch)
Mal wieder Samstag, mal wieder Federlinge am Himmel, mal wieder ein lächelndes Fächeln über Sommerblau. Das Hochhaus staunt mit gerecktem Hals und wandert dann in meine Geschichte. Mit vielen Seitentreppchen, über die ich hineinhüpfe und mich überraschen lasse. Ich bin auch heute, an einem Samstag, damit beschäftigt. Auch heute schreibe ich also daran, treffe die Figuren und male mir Szenen aus. Auch, weil ich nur noch diesen Monat Zeit habe, eine Leseprobe zu schreiben.
Sonntag, der 15.7.24 (Motek)
Motek klingt wie Motte und heißt Schätzchen. Ich muss das Wort im neuen Kinderbuch haben. Ist doch wahr. Die Motte mottet auch durch den Anfang von von Josefine Sonnesons Buch, das mir ausgesprochen sehr gut gefällt. Stolpertage ist ein ruhiger klarer glitzernder nachdenklicher Sprachbach. Wie aus einem Guss. „Ich versuche den Umzugsgedanken zur Seite zu schieben, aber er ist zu groß und ragt immer noch am Rand in meinen Kopf hinein.“ So auch der Motekgedanke. Der Hund wird so heißen. Die Muffen sind wieder da. Du kannst sie nicht sehen, nur fühlen. Sie sausen in einem drin. Gewitter kracht in mein Ohr, ich schwöre, und dann in die Villa. Moteks Schnauze wühlt fiepend unter Brek, die kochend heiß auf der Matratze liegt und schläft.
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