tagebuchstaben
Meine Woche in Notaten + Montagsgedicht. Vortragsende am Anfang, Lesereisenanfang am Ende. Halte mich an Walen und Gedichten fest, wohne in Nebelhöhlen, er/finde ein Schneeseechen (nicht Seelchen!) und: Ich packe Koffer. Die ganz große Sache. Lesereisen im Winter.
Dienstag, der 22.10.24 (bet)
Kinderbuchschreiben nach dem 7. Oktober. Darüber schreibe ich einen Vortrag und einen Essay. Wie ändern sich Schreiben und Bleiben? Wie schön muss das für die Kolleg*innen sein, wenn Hass, Massaker, Kriege und populistische Diskurs in Deutschland nichts, aber auch rein gar nichts an Leben und Word ändern. Wenn alles stabil (sogar heiter) bleibt. Als Autorin mit arabischen Wurzeln ist das nur Wunschtraum. Wunschraum. Um mich herum und im Text. Aber der Text bleibt Immer-Alfa-bet, weil bet Haus heißt, in vielen Sprachen. Ihr wisst es. Doch sogar ein Text, ein Alfabet macht manchmal Türen zu. Von innen.
Mittwoch, der 23.10.24
Daily soap Literaturbetrieb. Mann regt sich auf. Wertet Kolleg*innen ab. Weil er nicht kriegt Preis. Und nun will Aufmerksamkeit. Anerkennung. Nun ja, kenn ich. Auch aus dem Kinderliteraturbetrieb.
Mann weint weiß
weil er nicht kriegt Preis
Wertet Preisträgerin ab. Das kennen alle Frauen, die Preise gewinnen und ganz besonders alle Frauen of Color, die ja nur wegen Farbe hier Farbe da gewinnen. Wie sagte einst der Kollege als Glückwunsch zum Kinderbuchpreis NRW: „Mit deinen Themen kriegt man E (Buchstabenwort für "sowieso")alle Preise.“
Oder ein anderer: „Migrationsbonus!“
Jetzt tut ma nicht so!, will ich also sagen. Übrigens: Die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises heißt Martina Hefter und ihr adorables Buch: "Hey, guten Morgen, wie geht es dir!"
Donnerstag, der 24.10.24 (Wale)
Langsam geht es mir besser. Kraftpartikel strömen in meine Adern, vielleicht sind das auch klitzekleine Sterne oder andere Strahlentierchen. Oder woran liegt es, dass zwei Zeilen meine Gegenwart, meinen Tag wärmen? „Unsere Seelen sind meeresblau/ in ihnen sind Platz für Wale“, schreibt die Dichterin Olaide Frank im Band „dunkelkalt“. Ist es ein Zufall, dass ich gerade jetzt die fulminante Adaption "Der Schwarm" anschaue? (Ist erlaubt, bin krank, alle 8 an einem Tag.)Es geht um Welten und Wale. Und ich bete die Serie an. (Bis auf die letzten 15 Minuten.) Dann schreib ich dies Wörtchen und das Wörtchen. Ich lese hierum und darum. Und Lirum und Larum verklöppelt sich das ein oder andere mit meinen Gedanken. Walblau.
Freitag, der 25.10.2024 (Nebelhöhle)
Ich mag das Wort Nebelhöhlen. Weil es mir so passend erscheint. Nasennebelhöhlen. Sitze beim HNO. Habe einen Termin um 8 Uhr 10, aber der Doktor fängt nicht vor 8 Uhr 30 an. Warum das? Die Frage fällt mir im Gebüsch des gestrengen Tons der Sprechstundenhilfe nicht ein, die man jetzt medizinische Fachangestellte nennt, - (mir fiels nicht ein, später retschertschiert). Vielleicht war sie aus dem Kopf auf den Kopf gefallen und dann in den Stift. Nehme mir vor, sie, die Frage dem Arzt zu stellen, der inzwischen eine Ärztin geworden ist. Die sprüht Stimme aus Strandrosenton plus abschwellendem Etwas in meine Nebelhöhlen und guckt rein. Wieder vergesse ich die Frage. Lasse mir einen Tropfen Blut rausquetschen, so groß wie Apfelkern und brause auf der guten Nachricht, kein Krank kein Bakterius, nach Hause. (Merke den Winter unterwegs. (Er-) Finde ein Schnee-Seechen. tagebuchstaben)
Samstag, der 26.10. 2025 (Haar)
das haar/ das jahr/ in die kurve gelenkt. (Juliane Blech) Lesereisen im Winter. In die Kurve gelenkt, das Jahr kann aus der Kurve geraten. kidsbookswriterslife, sag ich da nur. Immer im Winter ist Hochsaison bei uns. Viele Lesungen. Viele Reisen. Und immer im Winter ist die Ansteckungsgefahr am höchsten. Im Zug sitzen mit Maske mal wieder Devise. Und trotzdem angesteckt. Passiert nicht jeden Winter. Manchmal nicht. Eine Woche musste ich jetzt Lesungen in Graubünden absagen. So bitter. In vielfacher Hinsicht. Das wägst du immer gut ab als Freiberuflerin. Am Ende entschied das Fieber. Aber morgen mach ich wieder los. Lenke das Haar in die Kurve zurück das Jahr. Mit leichterem Koffer als sonst, keine Autogrammkarten; die nämlich warten schon seit einer Woche im Hotel. Ich packe. Es ist die ganz große Sache.
Sonntag, der 27.10.24 (Gedicht)
halte mich/ an einem/ gedicht fest/ und an einem koffer und an kigongki-gepäckstück. üüüü, zweimal ck plus ä und ü im wort plus pünktlicher züg, das verzückt, auch wenn ich nicht genau sagen kann, wer sich eigentlich an wem festhält. sicher ist: ich mich am vers von juliane blech, der dichterin aus halle, von der ich immer noch ein überraschungstütengedicht habe. (überreicht an einem abend in wittenberg wo ich preisträgerin wurde. wir tauschten mal wieder bücher. jetzt ist sie preisträgerin hurra!) blaudunkel heißt ihr Gedichtband, den ich immer wieder gern in die hand nehme, wegen der federnen verse mit tiefgrund, blaudunkelgründiges geländer.
Montag, der 28.10.24 (Wien)
HELLO WIEN
ich reise einst
nach hello wien
auf rutscheknien
greuly kür biss
meine tasche
hässly lied riss
an der lasche
rasch verließ
ich hello wien
auf rutscheknien
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