oder : Steiff im im Schreiblife
Meine sehr geschätzte Kollegin Maren Gottschalk hat gerade eine Biografie über Margarete Steiff herausgebracht, und mich und einige andere Autorinnen gebeten, ein Stofftier auf Instagram zu posten, sie zu verlinken und die Geschichten zu erzählen. Ich dachte an zwei für mein Schreib/Leben wichtige Stofftiere. Konnte mich nicht entscheiden, und nahm für diesen diesen Blogartikel. (Hier gehts zum Buch https://www.penguinrandomhouse.de/Buch/Fraeulein-Steiff/Maren-Gottschalk/Goldmann/e584532.rhd )
Der Hund von Onkel Ahmed
Mein Vater war der älteste von 12 Geschwistern. Vier Schwestern und sieben Brüder. Da ich in Deutschland aufwuchs, lernte ich sie erst spät kennen: Nach meinem achten Geburtstag. Nur Onkel Ahmed traf ich früher. Als ich ihn das erste Mal traf, es war auf der Straße, vor seinem Auto, war er gerade in Deutschland angekommen, -noch wohnte er nicht in dem einfachen, barackenähnlichen Haus, in das er kurze Zeit später einzog, denn Geld hatte der frisch gebackene Gastarbeiternicht. Und natürlich kam er am Anfang bei uns unter. Ich war drei oder vier und kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber was für immer vermutlich in meinem Kopf residiert ist wie eine weiße kleine Sonne sein großes zwinkerndes Lächeln. Und Hund. Der Hund namens Hund. Das schlichte cremefarbene Stofftier, das mein Onkel mir und meiner Schwester im Doppelpack überreichte. Es war das erste Stofftier meines Lebens, und natürlich begann es sofort zu bellen, als ich es ihn die Arme schloss. Mein Onkel lachte, vielleicht wegen der Menge an Liebe für dieses kratzige harte – ganz und gar nicht „steiffige“ liebe Maren, denn dafür war auch kein Geld da - aber lustig mit den Ohren wackelnde Stofftier, die durch die Lüfte flog. Ich verzieh Hund seine Sprödigkeit von der ersten Sekunde an, auch meinem Onkel, dass er meiner Schwester genau das gleiche geschenkt hat, und behielt dieses Tier für immer. Manchmal bellt es in meine Schreibwerkstatt, manchmal spielen Kinder damit, immer aber denke ich an Onkel Ahmed, wenn ich den Hund sehe. Wie er in die Hocke ging, mir das Tier überreichte, sagte: „Gut, Onkel“ (Redewendung die etwa bedeutet: Du bist eine prima Nichte.) und mir die typische libanesische kosende Backpfeife gab. Natürlich abgebremst in zartes Patschen.
Das Dromedar, das ein Trampeltier war
2004 hatte ich meine Ausbildung als Geschichtenerzählerin bei Gidon Horowitz und Martin Ellrodt gerade beendet und meine Liebe zu den Kamelgeschichten wiederentdeckt. Ich schreibe wiederentdeckt, weil ich die erste Kamelgeschichte im Sinai 1994 geschrieben habe, damals aber noch keine professionellen Absichten damit hatte. Mit eben diesen neuen Geschichten, ich erzählte eine als Abschlussarbeit öffentlich, ging ich an die Schule zurück, mein letzter Jahrgang startete mit Klasse 1 und ich etablierte die Geschichtenrunde, die besagte, dass nach der Pause Geschichten erfunden und erzählt wurden und viele handelten von Kamelen.
Einmal brachte eine Schülerin, ich werde sie nie vergessen, sie war ein Geschichtenfan und hieß Michelle, ein Kamelstofftier mit. Es war ein goldbraunes Dromedar mit wilder Mähne, weich wie ein Kissen und wieder nicht „steiffig“, liebe Maren. Wir erforschten unverzüglich das Leben der Kamele und kamen zu dem Schluss, dass die Kamele, von denen ich immer erzählte und die später Soraya das kleine Kamel hießen Dromedare sein mussten, das die Geschichten ja im Sinai gefunden waren. Ich konnte dies gut mit Fotos belegen aber das Trampeltier von Michelle blieb trotzdem Maskottchen für alle Geschichten und ich durfte es mir für meine ersten Erzähl-Auftritte ausleihen. Danke liebe Michelle. 2007 gab ich diese Klasse dann ab, der Übergang zu weiterführenden Schule stand an, und ich hatte ein Urlaubsjahr beantragt. (Damals wusste ich noch nicht, dass ich nie wieder in die Schule zurückkehren würde, aber das ist eine andere Geschichte.) Vorher wurde natürlich gefeiert.
Nicht nur, dass diese Klasse mir zum Abschied das schönste Geschenk ever gemacht hat: Ein wahnsinnig schön gestaltetes Gemeinschaftsbuch mit vielen tollen Geschichten und Bildern, welches mir die Kinder auf der Bühne der heulenden Frau Karimé überreichten, - nein der Höhepunkt war ein durch die Luft zu mir auf die Bühne fliegendes Trampeltier. Goldfarben und mit einer wilden Mähne. Begriffstutzig schaute ich auf meine Schuhe auf denen das Stofftier lag. „Das schenk‘ ich dir doch!“, schrie meine Schülerin Michelle aus dem Publikum.
Seither heißt es Soraya und begleitet mich auf viele Lesungen. Es erinnert mich an meine glücklichen Anfänge als Geschichtenerzählerin und Kinderbuchautorin, leuchtet von der Liebe und dem Stolz der Kinder meiner Klasse und lässt mich an den Fan der ersten Stunde denken: Michelle S.
Liebe Michelle, liebe 4b, wenn ihr das lest: DANKE!
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